Sonntag, 10. Mai 2009

das lesezeichen

er blätterte noch mal sein abgegriffenes notizbuch durch. eine stelle war anscheinend vor einiger zeit für ihn besonders wichtig gewesen. er hatte zwischen die seiten einen grashalm als lesezeichen eingelegt. der grashalm war vertrocket, bräunlich und sah wie ein strohhalm aus. trotzdem sah es irgendwie bedeutend aus. wichtig. auch wenn es nur damals gewesen war. damals war er aber besser drauf gewesen als jetzt, das musste er sich eingestehen. er hatte abgebaut in den letzten monaten. hatte sich vom schönen schein blenden lassen, der nichts weiter ist als eben nur schein. schein hat ja normalerweise mit licht nichts zu tun. blendwerk. so könnte man sagen. bis man nichts mehr erkennen kann. schon gar nicht sich selbst.

jedenfalls..der grashalm. bescheiden steckte er zwischen den seiten und sah dennoch viel besser aus als ein lesezeichen aus leder mit goldverzierung. er lächelte. ohne dass er das heft aufschlagen musste, wusste er auf einmal, was dieses lesezeichen zu bedeuten hatte.

halt ein und atme tief durch. sieh in dich rein. und begegne dir ohne verstellung. sei ehrlich. sei du selbst. imitiere niemanden. sei nur du.

er wartete noch einen moment, fast misstraurisch. war es wirklich? dieses gute gefühl, von innen heraus, das wärmte, wie nichts anderes wärmen konnte, es war tatsächlich wahr. manchmal denkt man sich tot, sagte er laut und schüttelte über sich selbst den kopf.

er stand auf, sah noch einmal über das meer...er konnte es jetzt erst wieder fühlen. die ruhe, die davon ausging, machte ihn angenehm schläfrig und er wusste, er würde sich nun richtig ausruhen können. vielleicht muss man bestimmte fehler machen, damit man erst begreift, wie schön das war, was man hatte...damit man darum kämpft. es ist es wert.