Mittwoch, 14. April 2010

runaway

die autositze rochen leicht nach tabak und leder. die strasse war silbriggrau von regen der vergangenen nacht und glänzte.
es gibt momente im leben, die einfach perfekt sind, dachte sie
nur meistens verschläft man sie, oder man hat verlernt, sie wahrzunehmen.

sie war früh aufgebrochen, es war noch dunkel gewesen, die rezeption des hotels war noch nicht besetzt. sie hatte den schlüssel auf den tresen gelegt und war gegangen, ohne sich gedanken darüber zu machen, warum sie ihren urlaub ganz plötzlich unterbrochen hatte. sie wusste es ohnehin. ihr zimmer wäre noch einige tage für sie reserviert gewesen.

sie wollte jedoch etwas anderes. etwas, das sie selbst noch nicht kannte. in ihr uraltes auto steigen und weiterfahren. im auto schlafen, ohne über die möglichen gefahren nachzugrübeln. dass gerade solche aktionen für eine junge frau gefährlich sein könnten, wusste sie natürlich. sie war mit warnungen vor gefahren und bedrohungen aufgewachsen, man hatte sie damit vollgestopft, seit ihrer frühesten kindheit.
geh am abend nicht allein weg,
nimm eine freundin mit, wenn du fortgehst,

geh nicht dahin, wo du am liebsten bist,
spiel nicht im dunklen allein,

komm am abend rechtzeitig nach hause.
dinge wie diese hatte sie sozusagen mit der muttermilch in sich aufgesogen. darin unterschied sie sich nicht von den anderen mädchen, die sie kannte, sie waren alle zu einer generation scheuer rehe oder feiger hasen erzogen worden.
die assoziation mit tieren liess sie kurz lächeln,
vor allem die falsche assoziation, da sie sich eher einer katze verwandt fühlte
zu allem bereit und durchaus fähig sich zu wehren.
auch ohne einen ziegelstein in ihrer handtasche.

jetzt lachte sie und sah auf einmal so jung aus, wie sie sich fühlte.
wie eine göre, die von zuhause weggelaufen war.
sie hatte durchaus nicht vor, am abend rechtzeitig nach hause zu kommen.